Katharina Bräustetter/Thomas Kronast
(13. Juni 2024) Massiver Starkregen einerseits und extreme Trockenheit andererseits – Gegensätze, mit denen sich die Landwirtschaft seit einigen Jahren auch in unseren Breiten auseinandersetzen muss. Auf was man bei der Bewirtschaftung achten kann, damit Böden Wasser wie Schwämme aufnehmen und speichern können, war Thema eines Feldtags in Steinbrünning im Landkreis Berchtesgadener Land. Bei der Veranstaltung des Amtes für Ländliche Entwicklung Oberbayern gemeinsam mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Traunstein informierten sich Landwirtinnen und Landwirte sowie Auszubildende der Landwirtschaft vor Ort über Boden- und Erosionsschutz.
Intakte Böden sind für jeden Landwirt eine wichtige Investition in die Zukunft: Sie können Regenwasser rasch aufnehmen, besser speichern und später den Pflanzen zur Verfügung stellen sowie die Grundwasser-Neubildung sicherstellen und damit den Ertrag sichern. Die Struktur des Bodens, die Vegetation und der Grad der Verdichtung beeinflussen die Wasseraufnahmefähigkeit entscheidend. Wie das genau funktioniert und was die Landwirtschaft für gesunde Böden tun kann, darüber referierte der Bodenexperte Max Stadler beim Feldtag zum Thema „Starkregen und Trockenheit: Böden als Wasserspeicher durch angepasste Bewirtschaftung“ Mitte Mai gemeinsam mit Pflanzenbauberater Michael Kirchstetter vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Traunstein und boden:ständig-Berater Mathias Auer.
Michael Kirchstetter betonte, dass Erosions- und Gewässerschutz zusammengehören und erläuterte, wie sich derzeit die Situation in der Landwirtschaft darstellt. „Nicht selten fehlten in den letzten Jahren die Futtermengen von einem oder zwei Schnitten im Grünland bzw. im Ackerfutterbau“, so der Pflanzenbauberater. Die klimatischen Veränderungen seien inzwischen schon deutlich spürbar. Die Sommer werden heißer und weniger regenreich, die Winter hingegen milder und etwas feuchter. Niederschläge bleiben in ihrer Jahresmenge von 1200 Millilitern in etwa gleich, jedoch sehr ungleich verteilt. Ausbleibender Regen könne dadurch häufig während der Vegetationszeit zu Problemen führen. In Verbindung mit steigenden Temperaturen seien die Wasserreserven im Oberboden mehr beansprucht als bisher. Auch Starkniederschläge treten häufiger auf. Bei geringer Regeninfiltration (Regenverdaulichkeit des Bodens) ist dies mit einem oberflächlichen Wasserabfluss verbunden, der häufig von Bodenerosion begleitet wird. „Den Böden kommen dabei zwei wichtige Eigenschaften zu: Infiltrationsvermögen und Wasserspeicherleistung“, sagte Kirchstetter. Ähnlich wie ein Schwamm sollten große Niederschlagsmengen in kurzer Zeit in den Boden einleitbar sein. Durch die Speicherung könne der Boden danach auch über längere Trockenperioden Wasser für das Pflanzenwachstum bereitstellen.
Bodenexperte Max Stadler ergänzte, dass angesichts solcher klimatischen Herausforderungen Anpassungsstrategien erforderlich sein, um mit dem Wechsel von Überfluss und Mangel an Wasser umzugehen; sowohl jetzt als auch in Zukunft. „Eine elementare Rolle kommt dabei unseren Böden zu“, sagte Stadler. Der Boden, der im Zentrum des Ackerbaus stehe, muss so konditioniert bzw. vorbereitet werden, dass er auch unter besonderen klimatischen Bedingungen seine Funktion erfüllt. So sollte man z.B. auf die übermäßige Bodenbearbeitung und -lockerung verzichten, sonst wird der Oberboden bei Starkregen ins Gewässer geschwemmt. Bei guter Krümelstabilität sei zudem der Boden oben abgetrocknet und das Wasser würde trotzdem nach unten durchgezogen.
Um die unterschiedlichen Bodenschichten besser beurteilen zu können, müssten diese genauer untersucht werden, rät Stadler. Insbesondere zur Feststellung kleinerer und größerer Widerstände und ob es sich um einen verdichteten oder lockeren Boden handelt. Dafür sei die Bodensonde ein einfaches und hilfreiches Werkzeug, quasi ein zusätzliches Auge für den Landwirt. Damit könne man die unterschiedlichen Bodenschichten besser erkennen und feststellen, wie tief der Boden zuletzt bearbeitet wurde. Zum besseren Verständnis durften alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Sonde selbst ausprobieren.
Ein weiterer Indikator für den Zustand der Bodenstruktur sei die Besiedlung durch Regenwürmer, erklärt Stadler. Umso mehr Würmer den Boden bevölkern, umso besser sei seine Durchlässigkeit. So bilden die Würmer ein Röhrensystem zur Fortbewegung und zum Nahrungstransport. Sie schaffen das einzige senkrechte Röhrensystem. Dadurch verbessert sich auch die Statik des Bodens und es kommt bei der Befahrung zu weniger Verdichtung. Die senkrechten Röhren nutzen die Pflanzenwurzeln für ihr Wachstum. Zudem nehmen die Regenwurmröhren bei Starkregen Wasser auf. Ein Porenvolumen von 35 bis 40 Liter Regenwasser pro Quadratmeter Boden sei dabei ein guter Wert, auch um Wasser in der Tiefe zu speichern und Erosion zu vermeiden, so Stadler.
Doch wie lässt sich erkennen, wie durchsetzt Böden mit Regenwürmern sind? Eine Methode ist die Benetzung des Bodens mit Formaldehyd, erklärt Stadler. Wird der Boden mit einer entsprechenden Lösung benetzt, kommen die Regenwürmer an die Oberfläche. Eine hohe Zahl an Würmern lässt gewisse Rückschlüsse auf die Gesundheit, die Beschaffenheit und damit die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens zu. Die Lebensgewohnheiten des Regenwurms ergänzen sich daher ideal mit einer ausgeglichenen Bodenkultur. Am liebsten ernähren sie sich von Biomasse wie Zwischenfrüchten oder Untersaaten, ansonsten haben Regenwürmer einen einfachen Rhythmus aus Fressen, Ruhe, Vermehren. Und den sollte man so wenig wie möglich stören, wenn man die beschriebenen Vorteile des Regenwurms nutzen will, wie im Vortrag von Stadler deutlich wurde. Förderlich für Regenwürmer ist zudem eine reduzierte Bodenbearbeitung, denn z.B. durch häufiges Pflügen wird das Röhrensystem des Wurms zerstört, das ihm u.a. zur Futterversorgung dient. Er schätzt auch die Bodenruhe durch Zwischenfruchtanbau, Verbleib von Ernterückständen sowie die Zuführung von organischem Material.
Allgemein empfiehlt Max Stadler zur Feststellung der Bodenbeschaffenheit: „Man soll den Boden nicht wie der Ochse nur von oben anschauen!“ Um die Durchwurzelung und die Regenwurmröhren gut zu erkennen, sollte man regelmäßig Erdbrocken entnehmen, umdrehen und auch von unten Poren und Röhren überprüfen. Aus dieser Sicht ist die Aktivität der Würmer sowie die Feinwurzeln in den Röhren deutlich besser erkennbar.
Was die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens betreffe, seien Versickerungsringe nützliche Instrumente, so Max Stadler. Im praktischen Versuch wurden Versickerungsringe aus Eisen auf dem Feld gleichmäßig mit Wasser befüllt. Dabei wurde die Zeit gemessen, bis das Wasser im Boden versickert ist. Bestimmte Indikatoren wie etwa Blubbern, zeigt wie wieviel Luft der Boden enthält; getrübtes Wasser weist auf stabile Krümel hin aber auch auf die Organik, so die Ergebnisse des Versuchs. Verdichtete Böden nehmen mangels Luftporen wesentlich weniger Wasser auf. Zudem verschlämmen solche Böden bei Starkregen, Nährstoffe werden ausgelöst und abgeschwemmt, erklärt der Bodenexperte. Lockere Böden dagegen nehmen sehr viel mehr Wasser in kürzerer Zeit auf und können es auch im Unterboden speichern.
„Bei einer Bodenprofilanalyse ist neben der Bodenbeschaffenheit auch der biologische und chemische Zustand der Böden von großer Bedeutung“, sagte Stadler. Als weiteres Beispiel nannte er neben den Regenwürmern diverse Bakterien, bei denen einige durch ihre hydrophobe Hülle bei Starkregen einen Repellent-Effekt erzielen. Bei einer ausgeglichenen Bodenbiologie gäbe es zudem keine unerwünschte Nähstoffverlagerung. Hervorzuheben sei der positive Einfluss vieler Bakterien auf die Böden, was wiederum zu einer besseren Wasseraufnahme führe, so Stadler. Je weniger der Boden bewegt wird etwa durch Pflügen, desto aktiver sei die Bodenbiologie. Würde der Boden gewendet werden, müssten die Bakterien wieder von unten nach oben wandern.
Ein gesundes Pflanzenwachstum ist außerdem abhängig von der Bodenchemie, die sich durch regelmäßige Bodenproben ermitteln lässt. Von Bedeutung sind dabei etwa der pH-Wert, die Phosphorversorgung, der Kaliumanteil oder das Verhältnis Kalzium und Magnesium, um nur einige Parameter zu nennen. Vor allem der pH-Wert beeinflusst die verfügbaren Nährstoffe beim Pflanzenwachstum, auch sind versauerte Böden anfälliger für Verschlämmung und Verdichtung, was sich negativ auf die Wasseraufnahmefähigkeit auswirkt und zu Oberflächenabflüssen führt. Weiterhin ist der Nachweis von Spurenelementen, wie Bor, Molybdän, Schwefel oder Kobalt, die häufig ein Problem für das Pflanzenwachstum darstellen, wichtig, so Stadler. Als Analysemethoden stehen z.B. LUFA oder Kinsey zur Verfügung. Mithilfe solcher Analysen können Mangelerscheinungen bei Pflanzen erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen werden. In diesem Zusammenhang stellte Stadler ein pH-Meter vor. Ein einfaches und nützliches Gerät, um regelmäßig den wichtigen pH-Wert des Bodens messen zu können.
Im zweiten Teil der Veranstaltung erläuterten Max Stadler und Landwirt Mathias Auer die Auswirkungen der Bodenverdichtung in der Landwirtschaft, die stark zugenommen habe. So tragen z.B. Landmaschinen durch ihr Gewicht wesentlich zur Verdichtung des Bodens bei, die wiederum die Ursache für Bodenerosion ist. Im Gegensatz zum Reifendruck eines Schleppers auf der Straße helfe die Senkung des Reifendrucks auf 0,8 bar bei der Feldarbeit die Verdichtung enorm zu verringern.
Zur Anpassung des Reifendrucks hat Mathias Auer seinen Schlepper mit einer Reifendruckregelungsanlage nachgerüstet, die er gemeinsam mit seinem Vater beim Feldtag vorführte. Auf der einen Seite wurde der Reifendruck abgelassen, auf der anderen der normale Druck beibehalten. Beim Überfahren einer Saat (Sommertriticale) richteten sich die Pflanzen schnell wieder auf. Somit würden auch die Pflanzen keinen Schaden nehmen, auch die Kosten der Druckregelungsanlage seien überschaubar und mit Blick auf das Pflanzenwachstum eine wertvolle Investition, so Mathias Auer. Entlastung für den Boden könnten zudem spezielle Reifen für landwirtschaftliche Fahrzeuge bringen. Der Bodenexperte Stadler rät deshalb, großes Augenmerk auf das Gewicht der Schlepper zu legen und besonders auf das der angehängten Geräte. Im Zusammenhang mit der Bodenverdichtung ging Stadler auch auf das Güllefass ein, das besonders bei feuchtem Boden zu enormen Verdichtungen führt.
Max Stadler betonte abschließend, dass die Bodenverdichtung das Wurzelwachstum stark einschränke. Ertragssteigerungen könne es damit nicht mehr geben. Deshalb sein Appell an die Landwirtinnen und Landwirte: In Zukunft solle man großes Augenmerk auf Gewicht, Überfahrten und Bodenverdichtung legen. Denn sie verursache Kosten und verhindere einen Humusaufbau als bodenverbessernde Maßnahme, fördere einen starken Abfluss von Regenwasser und damit Erosion und Hochwasser. Der Landwirt verliere dadurch seine wertvolle, fruchtbare Bodenkrume. „Bodenschutz und damit Erosionsschutz beginnt beim Regenwurm!“, so das abschließende Resümee von Max Stadler.