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(26. Juni 2024) Flurneuordnung – dieser Begriff mag auf den ersten Blick nüchtern klingen, doch hinter ihm verbirgt sich auch eine große Chance für die Landwirtschaft. Gerade in der biologischen Landwirtschaft, wo Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit im Mittelpunkt stehen, kann eine gut durchdachte Neuordnung der landwirtschaftlichen Flächen erhebliche Vorteile bieten. Die effiziente Bewirtschaftung durch optimal zugeschnittene und besser zugängliche Felder trägt zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit bei und eröffnet gleichzeitig neue Möglichkeiten für eine nachhaltige Entwicklung.
Die biologische Landwirtschaft in Deutschland wächst kontinuierlich. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben im vergangenen Jahr rund 28.700 Höfe biologischen Landbau betrieben, zehn Prozent mehr als 2020. Bundesweit hat somit im Jahr 2023 mehr als jeder zehnte Hof ökologisch gewirtschaftet. Mit rund 423.000 Hektar befand sich fast ein Viertel der Ökofläche in Bayern. Auch in der Tierhaltung ist statistisch ein Trend zu Bio erkennbar. Daher kommt der biologischen Landwirtschaft auch eine besondere Bedeutung bei der Flurneuordnung zu, insbesondere dann, wenn bei einem Verfahren ein anerkannter biologisch wirtschaftender Betrieb beteiligt ist. Dann müssen Besonderheiten beim Flurbereinigungsplan berücksichtigt werden, erklärt Beate Eder vom Amt für Ländliche Entwicklung Oberbayern.
Die biologische oder auch ökologische Landwirtschaft ist ein Produktionssystem, das in der Öko-Verordnung der Europäischen Union (EU) gesetzlich verankert ist. Diese gibt die Mindeststandards vor. Darin ist auch festgelegt, wie ökologische Produkte erzeugt, verarbeitet und gekennzeichnet werden. Unabhängige Öko-Kontrollstellen überwachen die Einhaltung dieser Kriterien. So arbeiten Bio-Landwirte z.B. ohne den Einsatz chemisch-synthetischer Stickstoff-Dünger, Pflanzenschutzmittel und Gentechnik. Zudem wird auf geschlossene Produktionskreisläufe geachtet. Unkraut, Schädlinge und Krankheiten werden ausschließlich über präventive und ganzheitliche Maßnahmen bekämpft. Zum Einsatz kommen u.a. natürliche Dünger wie Mist oder Kompost. Im Ausnahmefall dürfen bei Schädlings- oder Krankheitsbefall gemäß den Erzeugerrichtlinien für den Öko-Anbau zugelassene Wirkstoffe eingesetzt werden. Bei der Tierhaltung nach ökologischen Standards können ebenfalls nur Arzneien nach den Richtlinien der Öko-Anbauverbände verwendet werden. So dürfen z.B. bestimmte Medikamente verwendet werden, damit Tiere keine Schmerzen erleiden müssen.
Höfe, die von konventioneller auf anerkannte biologische Landwirtschaft umstellen, müssen laut der EG-Öko-Basis-Verordnung einen Mindeststandard einhalten. Diese Verordnung beinhaltet auch die Vorgaben zur Umstellung. Diese sehen vor, dass pflanzliche Erzeugnisse erst dann als biologisch gekennzeichnet werden dürfen, wenn die jeweiligen Anbauflächen eine Umstellungsphase durchlaufen haben. Während dieses Zeitraums darf die Fläche nur nach ökologischen Standards bearbeitet werden. Diese beträgt bei Dauerkulturen und Ackernutzung sowie vor der Aussaat bzw. Pflanzung ein- und überjähriger Kulturen sowie Grünland 24 Monate und bei mehrjährigen Kulturen 36 Monate. Zudem kann bei Verbands-Bio-Betrieben nur der gesamte Betrieb umgestellt werden. Bei Höfen, die ausschließlich nach EU-Öko-Richtlinien arbeiten, ist auch die Umstellung von Betriebszweigen möglich.
Die Ziele der Flurneuordnung, die Produktions- und Arbeitsbedingungen zu optimieren, sind wie bei der konventionellen Landwirtschaft auch im Sinne der Öko-Landwirtschaft. Doch besteht bei biologisch wirtschaftenden Betrieben das Interesse, möglichst wenig an konventionell bebaute Fläche anzugrenzen – vor allem wegen der Möglichkeit des Eintrags durch Dünger und Pflanzenschutzmittel. Sofern keine blockweise Trennung möglich ist, können natürliche Trennungselemente wie Saumstreifen, Hecken und Sträucher für Abhilfe sorgen. Sie dienen nicht nur als Nistmöglichkeiten, sondern fördern auch die Artenvielfalt. Das kommt auch der Pflege der Kulturlandschaft entgegen.
„Bei der neuen Verteilung der Flurstücke (Gewanne) sollten möglichst große, rechteckige Felder erzeugt werden“, erklärt Beate Eder einen wichtigen Aspekt bei der Flurneuordnung. „Wir versuchen dann, beim biologisch wirtschaftenden Betrieb an dessen Hauptgrundstücke die neuen Feldstücke anzuknüpfen, sodass wenig Wechsel besteht und auf der gleichen Fläche weitergewirtschaftet werden kann. Ziel sollte insgesamt eine gut geformte, mit Wegen erschlossene rechteckige Arbeitsfläche sein. Zudem achten wir bei Hanglagen darauf, dass die Einteilung der Gewanne quer zum Hang verläuft. Damit erreichen wir bei der Bewirtschaftung einen gewissen Erosionsschutz. Denn jede quer zum Hang verlaufende Fahrt bildet auch entsprechende Furchen. Jede dieser Furchen ist wie ein kleiner Staudamm, der das Wasser zurückhält. Diese Überlegungen stellen wir generell bei der Flurneuordnung an und nicht nur bei Öko-Betrieben.“
Das Flurbereinigungsgesetz sieht des Weiteren eine nachhaltige und zukunftsorientierte Planung vor. „In diesem Sinne sollen bereits bestehende zusammenhängende, ökologisch bewirtschaftete Flächen nicht durchschnitten werden“, erklärt Beate Eder. „Und die räumliche Trennung von ökologisch und konventionell bewirtschafteten Flächen soll berücksichtigt werden.“ Durch ein Flurbereinigungsverfahren entstehen dem beteiligten biologischen Betrieb keine finanziellen Nachteile.
Im Zuge einer Flurneuordnung muss zudem der Wert der Grundstücke festgestellt werden. Dafür wird der Wert des alten Grundstücks im Verhältnis zum Wert aller Grundstücke im Flurneuordnungsgebiet ermittelt, heißt es im Gesetz. Dabei wird nicht zwischen konventionell und ökologisch wirtschaftenden Betrieben unterschieden, weil der Gesetzgeber beide Systeme zur ordnungsgemäßen Landbewirtschaftung zählt. In diesem Sinne werden auch die Belange aller Eigentümer und Pächter bei einer Neueinteilung gleich abgewogen, ohne Bevorzugung biologisch wirtschaftender Betriebe, so Beate Eder.
Wichtig sei es, die Interessen der Öko-Betriebe in der Landschaftsplanung, der Flurneuordnung sowie gegebenenfalls im Dorferneuerungsplan zu berücksichtigen und auf diese Weise in der Planung zu würdigen, sagt Beate Eder. Dies gelte vor allem für die Mitwirkungsbereitschaft der ökologisch wirtschaftenden Betriebe an der Herstellung, Sicherung und Erhaltung eines Biotopverbundes. Deren besondere Aufgeschlossenheit für ökologische Belange könne die landespflegerischen Ziele der ländlichen Entwicklung zusätzlich unterstützen.
Grundsätzlich steht ein ökologisch wirtschaftender Betrieb einer Flurneuordnung nicht im Weg. Dennoch bestehen zwischen konventionell und ökologisch geführten Betrieben bei der Neuverteilung im Verfahren gewisse Interessenskonflikte, für deren Lösung es kein allgemeingültiges Rezept gibt. Vielmehr müsse im Einzelfall geprüft werden, wie sich diese Interessen im Sinne einer optimierten Flurneuordnung vereinbaren lassen, erklärt Beate Eder. Eine große Herausforderung, aber keine unlösbare Aufgabe.