Pressemitteilung
Sternenpark Winklmoos-Alm – Lichtblick in den Chiemgauer Alpen

Zwei Sternenforscher beobachten den SternenhimmelZoombild vorhanden

Sebastian Voltmer

(15. Juli 2024) Reit im Winkl - Ein klarer Sternenhimmel lässt sich immer seltener beobachten, denn vielerorts auf der Welt und auch in Bayern trüben nächtliche Beleuchtungen das Naturschauspiel. Durch Lichtverschmutzung bleibt der Blick auf viele Tausend Sterne der Galaxis verwehrt. Doch nicht überall herrschen trübe Aussichten. In den Sternenparks ist die Schönheit des Nachthimmels noch erlebbar – so wie auf der Winklmoos-Alm in den Chiemgauer Alpen.

Noch vor wenigen Jahrzehnten konnten die Menschen bei klarer Nacht fast überall mehrere Tausend Sterne in ihrer ganzen Pracht beobachten. Doch die zunehmende Beleuchtung der Städte und ländlicher Räume in den Nächten schränkt den Blick in einen störungsfreien Sternenhimmel beträchtlich ein. Längst überstrahlen Straßen-, Schaufenster- und Fassadenbeleuchtungen, Flutlichter sowie Solarleuchten in Garten und auf Balkonen den nächtlichen Sternenhimmel. Solche künstlichen Lichtquellen sorgen für „Lichtverschmutzung“, wie die Wissenschaft das bezeichnet. Das stört nicht nur Astronomen, auch Pflanzen, Tiere und Menschen können durch die nächtliche Lichtintensität in ihrem Tag-Nacht-Rhythmus gestört werden. Dass unnatürliche Lichtquellen den Sternenhimmel trüben, ist nicht nur eine subjektive Wahrnehmung, sondern auch wissenschaftlich nachgewiesen. Mit speziellen Geräten wird gemessen, wie viel Sternenlicht noch auf die Erde gelangt und in welchem Ausmaß künstliches Licht unsere Nächte erhellt. Tatsächlich wird es nachts weltweit heller. Dabei ließe sich das Problem, sofern es Sinn macht, durch Reduzierung künstlicher Lichtquellen lösen. Sehenswürdigkeiten anzustrahlen ist zwar effektvoll, kostet aber Energie und sorgt für nächtliches Störlicht. Auch die nächtliche Garten- und Balkonbeleuchtung durch Solarlichter ist meist überflüssiger Luxus. Zudem sind Beleuchtungskörper häufig zu grell oder Bewegungsmelder falsch eingestellt.

Beeindruckende Naturkulisse

Doch nicht überall herrscht „Lichtverschmutzung“. International gibt es Organisationen, die sich dem Schutz des Nachthimmels widmen. Eine davon ist die Nonprofit-Organisation International Dark-Sky Association (IDA) mit Sitz in Tucson USA. Sie legt Standards fest, um die Dunkelheit des Himmels zu bewerten und Standorte offiziell als International Dark Sky Places zu zertifizieren. Ziel ist es, durch zielgerichtete Forschung und vielfältige Maßnahmen die Lichtverschmutzung weltweit zu reduzieren. Alle IDA-Sternenparks verpflichten sich, den dunklen Nachthimmel dauerhaft zu erhalten bzw. dort, wo es erforderlich ist, durch entsprechende Maßnahmen (immer) wieder herbeizuführen. Das Almgebiet der Winklmoos-Alm in Reit im Winkl ist seit Mai 2018 ein offiziell anerkannter, zertifizierter Sternenpark. Neben diesem ersten Sternenpark in den Alpen gibt es in Deutschland noch drei weitere solche Parks (Rhön, Westhavelland und Eifel).

Auf der Winklmoos-Alm kann man in einer klaren mondfreien Nacht rund 5000 Sterne mit bloßem Auge ausmachen, in der Großstadt München sind es nur etwa 500 Himmelskörper. Aber auch die Vollmondnächte sind ein besonderes Erlebnis. Denn neben der Sternenpracht, die auch bei Vollmond gut zu erkennen ist, präsentiert sich das Almgebiet als einzigartige Naturkulisse aus Licht- und Schattenspielen. Zudem ist die auf einem Hochplateau gelegene Winklmoos-Alm gut erreichbar. Aus 1200 Meter (ü.d.M.) erscheint der Sternenhimmel besonders beeindruckend und detailreich. Selbst Großstädte wie Salzburg oder hellere Dorfgebiete sind weit genug entfernt, um das Schauspiel ungehindert genießen zu können.

Wie die Winklmoos-Alm Sternenpark wurde

Schon in frühester Jugend packte den Physiker Manuel Philipp aus Rimsting im Landkreis Rosenheim die Leidenschaft für die älteste Wissenschaft der Welt – die Astronomie. Eine Begeisterung, die man auch bei seinen Vorträgen und Sternen-Führungen auf der Winklmoos-Alm spürt. Er erkannte das Potenzial der Alm als Sternenpark und regte die Bewerbung der Gemeinde Reit im Winkl an, die Winklmoos-Alm zum international zertifizierten IDA-Sternenpark und somit zu einem sogenannten Lichtschutzgebiet zu machen. Nicht nur Bürgermeister Matthias Schlechter konnte sich für das Projekt begeistern, auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger machten mit: „Die Almbauern, Gastronomen, Bewohner und viele andere, die sich als Winklmoos-Almgenossenschaft zusammengeschlossen haben, unterstützten engagiert die Bewerbung“, so Matthias Schlechter. „Sie rüsteten die Gebäude auf sternenparkkonforme Beleuchtung um und reduzierten damit die Lichtverschmutzung erheblich, sodass die strengen Anforderungen der International Dark Sky Association IDA erfüllt wurden.“

Die strengen Richtlinien mussten bereits vor Antragstellung umgesetzt werden. Dazu mussten etwa zwei Drittel aller vorhandenen Lichtquellen im betreffenden Areal IDA-konform sein. Jede der vorhandenen Lichtquellen im Außenbereich der Gebäude der Alm wurde nach Art, Helligkeit, Lichtfarbe, Abstrahlverhalten und Leistung erfasst und dokumentiert. Nicht konforme Lichtquellen wurden deaktiviert oder optimiert werden, d.h. durch Lampen mit gelbem Licht, geringerer Leistung, Schirmung, Dimmung etc. ersetzt und Zeitschaltuhren eingebaut. So wurden über 100 Lichtquellen mit Inhabern und Betreibern auch im Hinblick auf ein kostengünstiges Verfahren umgestellt. Nach Erhalt des Zertifikats dürfen die Sternenparks im Laufe der nächsten Jahre stufenweise nur eine Quote von bis zu 100 Prozent durch entsprechende Umrüstungs-Maßnahmen erreichen.

Erlebnis für Einheimische und Gäste

„Auch wenn die Umsetzung dieser Standards nicht immer ganz einfach war und aufwendige Messberichte erforderlich sind, habe sich das Projekt inzwischen etabliert“, erklärt Stefanie Hennes, vom Ökomodell Achental e.V., durch den der Sternenpark gefördert wurde. „Wir haben das Projekt gefördert, weil es unseren Auswahlkriterien im Sinne der Integrierten Ländlichen Entwicklung entsprach“, erklärt Stefanie Hennes. „So hat es z.B. eine überregionale Wirkung und ist für alle Menschen zugänglich – sowohl Bürgerinnen und Bürgern aus der Region als auch anderen Besuchern.“

Das sieht auch Reit im Winkls Bürgermeister Matthias Schlechter so: „Es profitieren sowohl Gäste, die extra wegen des Sternenparks Reit im Winkl besuchen, als auch jene, die zum Wandern und Radfahren kommen und eher zufällig davon erfahren. Zudem besteht ein besonderes Angebot an Sternführungen, beschildertem Rundweg und zahlreichen Liegebänken.“ Für Matthias Schlechter ist der Sternenpark auch eine ideale Ergänzung in dem Bemühen der Gemeinde, Einheimischen wie Gästen Naturerlebnisse und Bergerfahrungen in den Bayerischen Alpen zu ermöglichen. Gleichzeitig erhalte man damit die Schönheit des Sternenhimmels, ein wertvolles Gut und Kulturgut, und auch den Lebensraum für viele tag- und vor allem nachtaktive Tiere.

Nach sechs Jahren Sternenpark ist das Fazit des Bürgermeisters und der Gemeinde durchwegs positiv: „Das Interesse und die Aufmerksamkeit, die wir in den letzten Jahren erhalten haben, freuen uns sehr. Wir sind sehr stolz, dass die Winklmoos-Alm seit 2018 offiziell als Sternenpark zertifiziert ist, als erster Sternenpark in den Alpen.“

4 Personen bei der Übergabe des Sternenpark-Zertifikats

Abenteuer Sterne

Urkunde „Sternenpark Winklmoos-Alm“

Gemeinde Reit im Winkl

Porträt Matthias Schlechter, Erster Bürgermeister Reit im Winkl

Gemeinde Reit im Winkl

Sternenbild Milchstraße über der Winklmoos-Alm

Sebastian Voltmer

Sternenbild Orion vom Sternenpark Winklmoos-Alm

Sebastian Voltmer

Bild von Stier und Perseus vom Sternpark aus

Sebastian Voltmer